Wenn das Handy zweimal klingelt

Der Schiedsrichter hatte alle Hände voll zu tun
Die mit Spannung erwartete Begegnung der beiden Spitzenteams SG Königsbach und Turm Halbstein in der Bezirksliga Südostrhein endete mit einem 5:2-Sieg für die Gäste. Schon früh hatte der SG-Spieler Johannes Patzig am dritten Brett durch heftiges nervöses Wippen der Füße seinen Kontrahenten gestört, was der wie immer sicher agierende Turnierleiter Dr. Eugen Richter mit sofortigem Partieverlust ahndete. Den Ausgleich erzielte am sechsten Brett Meinrad Schwarzläufer, dessen Gegner durch mehrmaliges Gähnen unangenehm auffiel. Hart, aber durchaus vertretbar entschied der Turnierleiter auch hier ohne weitere Verwarnung auf Punktverlust. Aber die Gäste gingen schnell wieder in Führung: Am siebten Brett erzeugte SG-Spieler Tobias Feldfeger beim Umrühren seines Kaffees ein schier unerträgliches Klimpern. Sein Gegner Albrecht Steinschieber fühlte sich sofort massiv gestört und reklamierte entsprechend erfolgreich. Nach zwei weiteren Disqualifikationen an den Brettern Vier und Fünf, jeweils wegen unmotivierten Auf- und Abschlenderns im Turniersaal, passierte am Brett Zwei dem Nachwuchsspieler Arndt Randspringer der Super-GAU: Er hatte beim Rochieren zuerst mit dem Turm gezogen, was seinen Gegner Rolf Auf der Hut augenblicklich tief verstörte. Zeugen für diesen Sachverhalt konnten die Halbsteiner zwar keine vorweisen, aber dieser gelegentlich sogar als Straftat eingestufte Regelverstoß gilt als so schwerwiegend, dass schon die bloße Anschuldigung zum sofortigen Partieverlust führt (Im modernen Turnierschach wird folgerichtig nur noch selten rochiert). Kaum hatte sich die Aufregung gelegt, wurde es am Spitzenbrett dramatisch: Dr. Günther Fallbeil von der SG und sein Gegner Dimitri Korpov stießen fast gleichzeitig mit ihrem Knie gegen das Tischbein, wobei mehrere Figuren umfielen. Weil sich auch hier keiner der Zeugen auf den genauen Tathergang festlegen wollte, gab der Schiedsrichter zu bedenken, man könne in einem solch strittigen Fall schon mal weiterspielen. Darauf konnten sich die beiden Spieler jedoch nicht einigen, sodass der Turnierleiter kurzerhand die Partie beendete und das Ergebnis mit 0:0 festlegte. Dass jetzt beim Ersatzspieler Franz Holzbauer von der SG am achten Brett auch noch das Handy klingelte, war nur noch Makulatur. Er hatte bereits kurz zuvor verloren, weil er innerhalb von fünfzehn Minuten schon zum dritten Mal gehustet hatte. Sein Einwand, er leide an einem grippalen Infekt, konnte am Ergebnis nichts ändern, da dies für den Sachverhalt völlig irrelevant ist.
Fazit: Alles in allem ein auch in dieser Höhe verdienter Sieg für die Gäste, bei dem auch die Zuschauer voll auf ihre Kosten kamen. Schach wurde zwar nicht gespielt, dafür aber unnachgiebig der Gerechtigkeit Geltung verschafft. Denn wo kämen wir hin, wenn es zu jeder Regel Ausnahmen gäbe, oder wenn man gar einem hergelaufenen Turnierleiter Ermessensspielraum einräumen würde. (gewetz)